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WISSENSWERTES

ENERGIEAUSWEIS-VORLAGE-GESETZ
EAVG 2012

Grundsätzlicher Regelungsgegenstand

Das verstärkt aufkommende Umwelt- und Energiebewusstsein sowie nicht zuletzt auch das Ziel der Europäischen Union, eine weitgehende Energieunabhängigkeit von anderen Märkten zu schaffen, führten in den letzten Jahren auch im Wohn­be­reich zu einem politischen Umdenken hinsichtlich der Energieeffizienz von Ge­bäu­den. Was etwa beim Kauf eines Haushaltsgerätes bereits seit langem Gang und Gäbe ist und für viele Konsumenten ein wichtiges Entscheidungskriterium ge­wor­den ist, wurde seitens der Europäischen Union durch die Gebäuderichtlinie 2002 - Richtlinie 2002/91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ge­samt­en­ergie­ef­fi­zienz von Gebäuden - umgesetzt. Dem Grunde nach geht es da­bei darum, wie hoch der Energieverbrauch eines Gebäudes oder einer einzelnen Wohnung ist. Auch der österreichische Gesetzgeber war dergestalt ge­for­dert, diese Richtlinie in innerstaatliches Recht zu implementieren. Basierend auf der Ge­bäu­de­richt­li­nie 2002 trat das Energieausweis-Vorlage-Gesetz (EAVG 2006) zum Teil mit 01.01.2008 bzw. 2009 in Kraft. Nicht nur aufgrund der zahlreichen Aus­nah­me­be­stim­mun­gen, welche auch zur teilweisen Nichtanwendung des Gesetzes führten, verliefen sowohl die praktische Umsetzung als auch die Erreichung des gesetzten Zieles bis dato jedoch nicht wunschgemäß. Branchenumfragen sowohl in Deut­schland als auch Österreich zeigten dabei, dass der Energieausweis weder beim Verkauf noch bei der Vermietung wirklich nachgefragt ist. Auf europäischer Seite wurde dementsprechend mit der Gebäuderichtlinie 2010/31/EU reagiert.


Energieausweis-Vorlage-Gesetz 2012

Rechtstechnisch hat sich der österreichische Gesetzgeber dazu entschlossen, kei­ne Novellierung des EAVG 2006 vorzunehmen, sondern mit dem Energie­aus­weis-Vorlage-Gesetz 2012 (EAVG 2012) eine gänzliche Neufassung zu schaffen, welche mit 01.12.2012 in Kraft tritt. Die inhaltliche Ausgestaltung des Energieausweises selbst wird durch die ÖIB Richtlinie 6 neu gestaltet.


Wann wird ein Energieausweis benötigt?

Ein Energieausweis wird im Falle des Verkaufes bzw. der In-Bestandgabe (= Ver­mie­tung und Verpachtung) benötigt. Die sich aus dem Energieausweis er­ge­ben­den Daten hinsichtlich der Energieeffizienz sollen dabei für den jeweiligen In­ter­es­sen­ten ein Entscheidungskriterium darstellen können.


Für welche Gebäude wird ein Energieausweis benötigt bzw. nicht benötigt?

Die Ausnahmebestimmungen sind mittlerweile - anders als nach dem EAVG 2006 - bundeseinheitlich geregelt und gleichzeitig deutlich eingeschränkt worden. Von gro­ßer praktischer Relevanz ist, dass denkmalgeschützte Gebäude, Gebäude in Schutzzonen oder - die vor allem in Wien häufig zu finden - Gebäude mit er­hal­tungs­wür­di­gen und gegliederten Fassaden mittlerweile auch dem EAVG un­ter­lie­gen und somit auch für diese ein Energieausweises benötigt wird.

Ausgenommen von der Erstellungs- bzw. Vorlagepflicht eines Energieausweises sind nur mehr:

  • Gebäude, welche nur frostfrei gehalten werden;

  • abbruchreife Gebäude, wenn es als solches in der Anzeige dargestellt wird und im Falle des Kaufes im Kaufvertrag davon ausgegangen wird, dass der Käufer das objektiv abbruchreife Gebäude binnen dreier Jahre nach Ver­trags­ab­schluss abreißen wird;

  • Gebäude, die ausschließlich religiösen Zwecken dienen;

  • provisorisch errichtete Gebäude mit einer geplanten Nutzungsdauer von höchs­tens 2 Jahren;

  • Industrieanlagen, Werkstätten und landwirtschaftliche Nutzungsobjekte, für welche die erforderliche Energie durch im Gebäude selbst entstehende Ab­wär­me abgedeckt ist;

  • Wohngebäude, welche bereits ihrer Art nach nur für die Benützung während eines begrenzten Zeitraumes im Kalenderjahr bestimmt sind und deren Ener­gie­be­darf dementsprechend auch unter ¼ (bei angenommener Ganz­jahr­es­nut­zung) liegt;

  • freistehende Gebäude mit einer Nutzfläche von weniger als 50 m2.


Wird in einem Mehrparteien-Wohnhaus für jede einzelne Wohnung ein Energieausweis benötigt?

Es gilt der gebäudebezogene Ansatz, womit der Verkäufer oder Bestandgeber die Wahl hat:

  • Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz des konkreten Nutzungsobjektes;

  • Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz eines vergleichbaren Nutz­ungs­ob­jek­tes im selben Gebäude;

  • Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz des gesamten Gebäudes.


Wird in jedem Fall ein neuer Energieausweis benötigt?

Das EAVG 2006 tritt zwar mit Ablauf des 30.11.2012 außer Kraft (das EAVG 2012 tritt dann mit 01.12.2012 in Kraft), ist aber weiterhin auf Kauf- und Bestandverträge anzuwenden, die vor dem 01.12.2012 abgeschlossen wurden. Durch die vor­ge­seh­enen Übergangsbestimmungen behalten bereits erstellte Energieausweise (für 10 Jahre ab Erstellung) ihre Gültigkeit und können somit auch weiterhin her­an­ge­zo­gen werden. Aufgrund der Ausgestaltung dieser "alten Energieausweise" reicht bei­spiels­wei­se in einer Zeitungsannonce selbstverständlich die Angabe des Heiz­wär­me­be­darfes bereits aus.


Wann wird der Energieausweis im Zuge eines Verkaufs, einer Vermietung oder einer Verpachtung erstmals benötigt?

Eine der wesentlichsten Neuerungen durch das EAVG 2012 ist die Verpflichtung, den "Indikator der Gesamtenergieeffizienz" bereits in Verkaufs- oder Ver­mie­tungs­an­zei­gen in kommerziellen Medien angeben zu müssen. Überdies hat der Ver­käu­fer bzw. der Bestandgeber jedenfalls rechtzeitigt vor Abgabe der Ver­trags­er­klä­rung den Energieausweis vorzulegen und spätestens 14 Tage nach Ver­trags­ab­schluss eine vollständige Kopie mit allen Beilagen auszuhändigen.


Was geschieht bei Nichteinhaltung der Vorschriften des EAVG?

Der Verkäufer, Bestandgeber bzw. der beauftragte Makler sind dazu verpflichtet, bei Immobilieninseraten in einem Druckwerk (Zeitung etc., nicht aber dem Schau­fens­ter eines Maklers oder Bauträgers) oder auch in elektronischen Medien den Heiz­wär­me­be­darf (HWB) und den Gesamtenergieeffizienz-Faktor (fGEE) an­zu­ge­ben. Die färbige Abbildung einer Skala ist nicht erforderlich. Wenn dieser Ver­pflich­tung nicht gefolgt wird, drohen Verwaltungsstrafen von bis € 1.450.-, welche von den zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden bzw. Magistraten vollzogen werden. Der Immobilienmakler erfüllt seine Aufgabe jedoch bereits dann, wenn er seinen Auftraggeber über diese Verpflichtung informiert und zur Bekanntgabe bzw. Ein­ho­lung eines Energieausweises auffordert. Gleichsam sanktioniert ist auch die Vor­la­ge- und Aushändigungspflicht.


Gibt es bei Erleichterungen für Einfamilienhäuser?

Eine theoretische Erleichterung ist vorgesehen, die praktische Relevanz bzw. die Kostenersparnis erscheint jedoch fraglich. So ist grundsätzlich die Verwendung eines Ausweises über die Gesamtenergieeffizienz eines vergleichbaren Gebäudes von ähnlicher Gestalt, Größe und Energieeffizienz zulässig, doch muss der Ersteller dieses Energieausweises die Ähnlichkeit der beiden Gebäude (hinsichtlich Gestalt, Größe, Energieeffizienz, Lage und Standortklima) auch bestätigen.


Kennzahlen:

  • Der Heizwärmebedarf (HWB) wird in Kilowattstunde pro Quadratmeter und Jahr angegeben.

  • Der Gesamtenergieeffizienz-Faktor fGEE ist nicht als physikalische Einheit zu verstehen, sondern als abstrakter Orientierungsmaßstab. Er zeigt die Relation zwischen dem zukünftigen Lieferbedarf zur Anforderung an den Energiebedarf im Jahr 2007 (bezogen auf das Referenzklima).

Klasse A++ fGEE ≤ 0,55
Klasse A+ fGEE ≤ 0,70
Klasse A fGEE ≤ 0,85
Klasse B fGEE ≤ 1,00
Klasse C fGEE ≤ 1,75
Klasse D fGEE ≤ 2,50

Besteht ein Rechtsanspruch des Käufers oder Bestandnehmers auf den Erhalt eines Energieausweises?

Händigt der Verkäufer bzw. Bestandgeber nicht von selbst innerhalb von 14 Tagen ab Vertragsunterzeichnung eine Kopie des Energieausweises samt aller Beilagen aus, so muss der Käufer bzw. Bestandnehmer ihn zur Aushändigung auffordern. Bleibt auch dies unbeantwortet, stehen dem

Käufer oder Bestandnehmer zwei Möglichkeiten offen:

  1. Die Aushändigung eines gültigen und vollständigen Energieausweises klags­wei­se zu verlangen;

  2. Die Beauftragung eines Energieausweises und die Forderung der dafür not­wen­di­gen Kosten vom Verkäufer oder Bestandgeber.


Bestehen Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche?

Wie beispielsweise der Kraftstoffverbrauch eines neuen Kraftfahrzeuges (5 Liter Werks­an­ga­be dürfen sich bei normaler Fahrweise nicht als 15 Liter entpuppen), so gel­ten auch die Kennzahlen ausdrücklich als bedungene Eigenschaften im Sinne des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches. Daher können unrichtige Kenn­zah­len natürlich auch Gewährleistungsansprüche auslösen. Wie in dem genannten Bei­spiel jedoch auch, ist aber zu beachten, dass die Richtigkeit der Kennzahlen nur innerhalb eine gewissen Bandbreite möglich ist und sie nur Normwerte dar­stel­len können. Subjektive Komponenten (bspw. äußerst sportlicher Fahrweise bei dem genannten Beispiel, oder gewünschte Raumtemperatur im Winter von 28 Grad Celsius in der Wohnung in concreto) können nicht maßstabsgetreu sein. Dem­ent­spre­chend basiert die Berechnung der Energiekennzahlen auf nutz­ungs­un­ab­hän­gi­gen Kenngrößen bei vordefinierten Rahmenbedingungen, weshalb bei tatsächlicher Nutzung erhebliche Abweichungen auftreten können. Gleichzeitig ist natürlich auch eine Schadenersatzpflicht möglich. Diese besteht darüberhinaus nicht nur mehr gegenüber dem Auftraggeber, sondern auch gegenüber dem Er­stel­ler eines Energieausweises. Abgesehen von den zivil- und ver­wal­tungs­recht­li­chen Konsequenzen gilt im Falle der Nicht-Vorlage des Energieausweis - womit auch die nicht ordnungsgemäße Vorlage gemeint ist - weiterhin, dass zumindest eine dem Alter und der Art des Gebäudes entsprechende Gesamtenergieeffizienz als vereinbart gilt und dahingehend auch gewährleistungsrechtlich einzustehen ist.

MMag. Wolfgang M. Holzer, Wertitsch Immobilien
Tel: +43/1/505 32 58-12, Fax: +43/1/505 32 58-40
E-Mail: wolfgang.holzer@wertitsch.at


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